Mathias Ulinski, meinereiner, Jo Löffler |
Das folgende Gespräch
mit Jo Löffler führte ich im Mai 2000 in der MAD-Redaktion in
Stuttgart. Mathias Ulinski, ebenfalls mit dem Titel "MAD-Redakteur"
gegeißelt, war auch anwesend, um den korrekten Ablauf des Interviews
zu überwachen und im Notfalle mit einem Beil das Kabel zwischen
Mikrofon und Rekorder durchzutrennen.
Ich habe so gut es ging versucht, den Originalton in Schrift umzusetzen
und bewusst nur minimale Kürzungen und Korrekturen vorgenommen.
MM: Wie kam es dazu, dass MAD 1998
wieder ausgegraben wurde?
Löffler: Also, 1995, als das alte deutsche MAD eingestellt
worden ist, da gab es bereits erste vorsichtige Kontakte mit den
Amerikanern und dem DINO Verlag. Da hatten sie es uns damals eigentlich
schon angeboten, dass wir's wieder auflegen, allerdings ist damals relativ
schnell abgewinkt worden, weil, das wissen wir alle, da ist MAD nicht so
wahnsinnig gut gelaufen in der Zeit. Die Auflage war extrem niedrig und
was da verkauft wurde, das war ja auch glatt zum Wegschmeißen.
Damals haben wir dann gleich gesagt: neenee, das machen wir besser mal
nicht, das scheint nicht großartig noch gewollt zu sein.
Dann, '98, war das Konzept zunächst einmal gar nicht, das alte MAD
wieder aufzulegen, sondern die ursprüngliche Idee war eigentlich,
eine begleitende Serie zu MAD TV zu machen. Damals wurde ja MAD TV von RTL
aufgekauft, bzw. die Rechte für Deutschland wurden gekauft, und weil
DINO ja normalerweise Serien-begleitende Produkte herausgibt, war die Idee
eigentlich, MAD TV als Heft herauszugeben. Also komplett anders
konzeptioniert als das ursprüngliche MAD-Heft eigentlich mal gedacht
war, speziell auf die Serie zugeschnitten, mit Beiträgen zur Serie,
mit vielen Fotos, also eher sowas in die Richtung, Serien-begleitend.
Die Leute, die sich da für die Redaktion zusammengefunden haben,
waren da überhaupt nicht begeistert von dieser Idee. Wir haben
gesagt, wenn wir MAD in irgendeiner Form wiederbeleben, dann möglichst
so, wie die Leute das kennen, also auch mit der Intention, die das alte
MAD hatte, also eine Satirezeitschrift zu sein und auf keinen Fall eine
Serien-begleitende Geschichte daraus zu machen.
Wir haben uns dann auf einen Zwitter geeinigt, schließlich und
endlich, also, ich sag mal so, die Redaktion wollte das MAD in klassischer
Form wieder 'rausbringen, von der Marketingseite aus hieß es: nee,
wir müssen da schon diesen Serien-begleitenden Charakter haben. Und
das wurde dann wie gesagt so eine Art Zwitter, das hat man ja dann
gesehen, wir haben in den ersten Heften diesen Teil innen drin gehabt, MAD
TV, wo man genau gemerkt hat, das geht jetzt eher so'n bisschen in die
Fernsehcomedy-/Satire-Schiene und außendrum eher so'n bisschen das
klassische MAD-Material.
Das war eine Zeit lang in Kooperation mit RTL, wir hatten da einen
RTL-Kooperationsvertrag und das stand ja dann auf dem Cover vorne drauf,
hat man ja gesehen, die waren mit ihrem Logo vorhanden. Das muss man sich
so vorstellen, dass die uns halt Material geliefert haben, Input gegeben
haben und Vorschläge gemacht haben, aber die waren am eigentlichen
Entstehungsprozess des Heftes nicht beteiligt. Großartiges
Mitspracherecht hatten sie auch nicht, sie konnten zwar Veto einlegen,
wenn wir irgendwie vielleicht ein bisschen über die Stränge
geschlagen hätten, Sachverhalte irgendwie dargestellt hätten,
die so nicht in den Fernsehserien auftauchen oder was, weil wir haben ja
da versucht, dann auch RTL-Comedy mit 'reinzuziehen.
Mit der Zeit ist der Vertrag dann ausgelaufen, wir sind dann auch nicht
mehr großartig interessiert daran gewesen, das zu verlängern,
diesen Kooperationsvertrag. Wir haben uns dann, wie gesagt, von dieser
Kooperationsgeschichte verabschiedet und dann MAD nur noch rein so
gemacht, wie wir uns eigentlich gedacht haben, dass das heutzutage in den
90er Jahren funktionieren kann.
Die Amerikaner an sich hatten von vornherein eigentlich gehofft, dass wir
das so machen, dass wir also im Prinzip 'ne reine Neuauflage machen, ohne
diesen Fernseh-Part. Die waren zwar auch zufrieden, dass wir hier diese
amerikanische Serie ein bisschen puschen wollen, aber denen wäre es
eigentlich lieber gewesen, wenn wir von Anfang an das original MAD-Konzept
übernommen hätten und es dann gleich ohne großartige Schnörkel
weitergeführt hätten.
Die waren dann sehr, sehr happy darüber, dass wir das dann schließlich
nach der, ach Gott, ich weiß gar nicht, wann haben wir aufgehört
damit, nach der 5, glaube ich, oder nach der 6..., na ich weiß nicht
mehr genau, auf jeden Fall, die waren dann sehr froh, dass wir das so
gemacht haben.
In der MAD-Redaktion herrscht enthusiastisches Grübeln: "Nehme ich heute die Pizza mit Anchovis oder doch lieber ohne?" |
MM: Habt ihr die Amerikaner
gebeten, Werbeanzeigen ins Heft nehmen zu dürfen oder haben die euch
das angeboten?
Löffler: In vielerlei Hinsicht war das neue deutsche MAD so'n
bisschen ein Versuchsterrain, auch für die Amerikaner, so habe ich
den Eindruck gehabt. Wir haben das angesprochen in den Vorgesprächen,
als wir dann MAD machen wollten, wie das aussieht mit Werbung, ob es
generell möglich wäre. Jetzt ist es ja so: die ganzen
Lizenznehmer vom amerikanischen MAD - es sind, glaube ich, insgesamt 12 in
Europa - da macht sonst keiner Werbung. Wir sind also wirklich die
einzigen Lizenznehmer, die Werbung im Heft haben. Und das ist tatsächlich
als Versuchsplattform zu sehen. Das war eine Versuchsplattform. Die
Amerikaner wollten sehen: Funktioniert's farbig? Funktioniert's mit
Werbung? Deswegen haben sie uns das mal gestattet, wir haben's gemacht,
und sie haben gesehen: es geht. Der Hintergrund für die Werbung ist
schlicht und ergreifend der: Ich habe die Möglichkeit, ich bring'
mein Produkt heraus mit Werbung und kann es dadurch auch mitfinanzieren,
oder ich hab' keine Werbung drin und dann kann ich MAD nicht mehr machen.
Die zwei Möglichkeiten hab' ich. Für uns war das also ganz klar.
Wir wollen MAD herausbringen, dafür brauchen wir anzeigen, also:
Anzeigen rein.
Wie ich jetzt persönlich dazu stehe, das lass' ich jetzt mal
dahingestellt.
MM: Wie entsteht ein MAD-Heft? Wie läuft die Produktion in
etwa ab?
Löffler: Chaotisch, in der Regel. Ich sag' mal so, ich
beschreib's mal so, wie es in der Regel funktionieren sollte: Wir setzen
uns irgendwann mal zusammen und diskutieren heftigst, "wir"
bedeutet in dem Moment die Redaktion, das ist der Mathias [Mathias
Ulinski, Redakteur], die Anne [Anne Berling, Chefredakteurin], ich und die
Marketing-Leute, das sind der Volker [Volker Lauster, Produktmanager] und
der Max [Max Müller, Chef der Comic-Abteilung], wir diskutieren
heftigst über Themen, Schwerpunkte, die in den neuen Heften dann drin
sein sollten. Es ist so, dass das ein sehr kooperativer und konstruktiver
Prozess ist in dem Moment, jeder wirft so seine Ideen rein: "Ja, das
ist doch 'n geiles Thema, lass' uns das machen" oder "das ist ja
grauenhaft, lass' uns das auf jeden Fall auf die Schippe nehmen", so
kommen dann so die Brainstorming-Geschichten zustande. Da sind dann im
Endeffekt zum Schluss dann 5 oder 6 Vorschläge, von diesen 5 oder 6
Vorschlägen suchen wir uns dann 3, 4 Themenschwerpunkte 'raus. Wir
legen so die nächsten drei Hefte damit dann auch thematisch einfach
fest, einfach um von vornherein auch schon die freien Mitarbeiter briefen
[informieren] zu können. Haben wir das festgelegt und sind uns dann
auch einig geworden, was nicht immer der Fall ist, ist die Redkation
gefragt. Dann hängen wir uns ans Telefon, nerven unsere Freien,
unsere Zeichner, unsere Autoren, sichten amerikanisches Material und
versuchen da in irgendeiner Form 'ne stimmige Sache zusammenzustellen.
Die deutschen Zeichner in der Regel versuchen, sich dann am
Themenschwerpunkt zu orientieren. Also, wenn wir dann Thema "Simpsons"
haben, versuchen die deutschen Zeichner in der Regel "Simpsons"-lastige
Beiträge mit 'reinzubringen.
Wir forsten die amerikanischen Archive durch, die neuesten Hefte natürlich,
schauen, ob da in irgendeiner Form Material dabei ist, dass da 'rein
passt. Wenn's nicht 'rein passt, ist es auch nicht so schlimm, ich finde
nicht unbedingt, dass das MAD immer thematisch sein muss, also dass da
prinzipiell jeder Beitrag mit den "Simpsons" zu tun haben muss,
das finde ich nicht so wichtig. Tendenzieller Schwerpunkt ist OK, aber das
muss jetzt nicht so sein, dass da jeder Beitrag damit zu tun hat.
Die [freien Mitarbeiter] werden dann gebrieft, sollten in der Regel dann
relativ schnell Vorschläge schicken. Das bedeutet, die schicken uns
Scribbles [erste Entwürfe], die schicken uns die Textbeiträge,
wir schauen uns das an, ob das OK ist, ob wir das gut finden. In der Regel
setzt man sich zusammen, schaut sich die Sachen an, es sind relativ viele
Leute dabei, um einfach auch möglichst viele Meinungen dazu zu hören.
Wir nageln das dann zuammen, das bedeutet, wenn wir das Gefühl haben,
dass das stimmt, kriegen die den Input von uns, mit Verbesserungsvorschlägen,
die haben dann 'ne bestimmte Zeit, das auszuarbeiten. Dann wird das an uns
geschickt und dann beginnt, wie ich schon gerade sagte, die
Produktionsphase. Wir fangen dann an, das Heft zusammenzunageln. Das läuft
so: Wir bekommen Dateien von unseren Freien in der Regel, die Texte als
Textdateien. Wir schicken alles an die Grafik[abteilung], die müssen
das Layout machen, bauen die Seiten auf, schicken's uns als Screenshot,
also als Bildschirmdarstellung wieder 'runter. Wir geben unsere Kommentare
dazu, geben Korrekturen durch, bis halt das so ist, wie wir's uns
vorstellen. Wenn das alles geschehen ist, kommen dann Mathias und ich da
schwer ins Rödeln, weil wir dann die ganzen redaktionellen Seiten
gestalten müssen, also Leserbriefseiten, Vorschau auf's nächste
Heft, Impressen, was also so drumrum noch ist, was also nicht mit Artwork
zu tun hat. Das ist dann also unser Job, und wir müssen halt darauf
achten, dass die ganze Geschichte stimmig ist und von der Seitenabfolge
her stimmt. Das ist dann unser Job.
Wenn wir das dann alles geschafft haben, und der Grafiker dann, ohne einen
Nervenzusammenbruch zu kriegen, die Geschichte auch auf die Reihe gekriegt
hat, werden Filme gezogen, Druckunterlagen, die kommen dann in der Regel
gerademal so, also da kommt gerade der Kurier 'rein, wir kriegen gerade
den letzten Film auf den Tisch, und wir schicken die Sache dann in die
Druckerei.
Es ist immer ein bisschen chaotisch, diese MAD-Gesamtredaktion, dieser
gesamte Produktionsablauf, weil man halt eben mit sehr, sehr vielen Leuten
zusammenarbeitet und jeder hat so seine kleinen Problemchen, jeder
kriegt's irgendwie nicht auf die Reihe: "Ich brauch' nochmal 'n Tag",
"Ich brauch nochmal 'n Tag", "Es hat nicht so geklappt wie
ich mir's vorgestellt hab'" oder aber wir haben Korrekturvorschläge,
die die gesamte Geschichte wieder umwerfen, sie müssen also nochmal
von vorne anfangen, das kann alles passieren, das ist also ein sehr, sehr
lebendiger Prozess, und unter Umständen kann es halt passieren, dass
das sehr eng wird hinten 'raus. Ich hab's also noch nie erlebt, noch gar
nie erlebt, das wir 100%ig pünktlich fertig geworden sind, es ist
immer noch irgendwas nachgeschoben worden, aber ich glaub', das macht die
ganze Geschichte auch so spannend.
Produktmanager Volker Lauster verhandelt gerade mit den Amerikanern über den Kauf eines Dixi-Klos, das Alfred E. Neumann vor einiger Zeit mal benutzt haben soll. Man erwägt die Ausstellung des Objektes im Erlangener "Comic-Salon 2000". |
MM: Hast du MAD früher regelmäßig
gelesen?
Löffler: Ja, das hab' ich, und ich würde sogar
behaupten, dass ich ein sehr großer MAD-Fan war. Ich hab' Taschenbücher
gesammelt, ich hab' die Sammelbände mir geholt und ich hab' die
Nummern kontinuierlich gesammelt, allerdings erst ab Heft, tja, da muss
ich jetzt fast passen, du bist, glaube ich, derjenige, der sich da besser
auskennt, das war das Cover mit dieser James-Bond-Verarsche, "In tödlicher
Mission", weißt du, das Mädel so mit den Beinen gespreizt
und Alfred so mit dem Regenschirm drunter, ah, ja, welche Nummer war das,
na? 140, 141, sowas irgendwie in die Richtung.
MM: Das war eines der besten Cover, also, was heißt besten,
eines der bekanntesten Cover.
Löffler: Und deswegen hat sich das bei mir dann auch so
eingeprägt, glaub' ich. Und das war die Nummer, ab der hab' ich's
dann kontinuierlich gelesen.
MM: Inwiefern habt ihr euch an den alten Heften von Feuerstein und
Recht orientiert?
Löffler: Wir haben uns da schon extrem dran orientiert, wir
haben natürlich, dadurch, dass wir selber, wie gesagt, MAD-Fans und
MAD-Leser waren, das nimmst du in dir auf, unbewusst oft auch. Wenn du da
am Layout von 'ner Seite 'dran bist, überlegst du dir schon: "Wie
haben sie's damals gemacht? Kann man's vielleicht ein bisschen anders
aufziehen, oder muss man's für heute, für die heutige Zeit ein
bisschen anders aufziehen?" Also, da ist schon der Input da gewesen,
und wir haben uns da orientiert. Das ist auch heute noch so, dass, wenn
wir uns überlegen, mal wieder was ganz anderes zu machen oder
Geschichten, die bisher noch nicht aufgetaucht sind in den neuen Heften,
dass wir dann so die alten Archive durchforsten und uns die Beiträge
anschauen, gab's denn da irgendwas, was irgendwie besonders klasse war,
und das versuchen wir dann schon irgendwie konzeptionell zu erneuern,
also, darauf aufzubauen. Die Recht-Hefte zum Schluss eher nicht, aber die
Feuerstein-Hoch-Zeit, das hat schon geprägt, doch, das muss man
sagen.
MM: Hast du die US-MAD-Redaktion schon mal besucht, oder ist so
etwas vielleicht geplant?
Löffler: Ja, das war jetzt ganz aktuell, wann war denn das,
dieses Jahr, im Februar waren wir mal drüben und haben uns die
Headquarters angeschaut. Das war natürlich 'ne geniale Sache, die
ganzen Jungs da mal zu sehen und mit denen zu reden. Der Meglin [Nick
Meglin, editor US-MAD], der hat sich da auch ein bisschen Zeit genommen,
hat sich mit uns zusammengesetzt. Eine witzige Sache war, als der Volker
und ich da drin saßen, er war wie gesagt sehr, sehr auskunftsfreudig
und hat da auch, glaube ich, sehr viel Spaß gehabt, wir haben viel
gelacht und uns so über die Konzepte der deutschen Hefte und über
die Konzepte der schwedischen und über die Konzepte der türkischen
Hefte unterhalten, also das war schon sehr, sehr lustig, zumal wir gerade
bei den türkischen Heften nicht viel dazu sagen konnten, weil , ich
glaube, sein Türkisch ist so gut wie mein Russisch. Ja, da war eine
sehr nette Sache, da kam dann irgendwann mal einer, ich weiß nicht,
wer das war, das muss irgend so ein Art Director gewesen sein, der kam
dann 'rein und hat den Meglin gefragt: "Sag' mal, wer sind die Jungs
da eigentlich?" Und er meinte: "Da ist die deutsche
MAD-Redaktion." Und da sagte der: "Ah, kein Wunder, kein Wunder,
nimmst du dir für die soviel Zeit. Wären das die Finnen gewesen,
die hättst' du nach 5 Minuten 'rausgeschmissen." [lacht] Also,
das zeigt dann schon ein bisschen, dass das deutsche MAD bei den
Amerikanern einen gewissen Stellenwert hat. Das wage ich jetzt einfach mal
so zu behaupten.
MM: Ja, das muss schon sein, es ist schon ziemlich alt, wenn man
es so sieht.
Löffler: Jaja, ja.
Redakteur Jo Löffler versteckt sich hinter dem Computer und tut so, als ob er arbeitet. |
MM: Letztes Jahr war ich in
Schweden, da war ich erfreut, dass es das schwedische [MAD] wieder gibt,
die gab es ja auch 2, 3 Jahre nicht, und von der Aufmachung her sind die ähnlich,
also die nähern sich dem Deutschen an. Und das hat mir eigentlich
auch sehr gefallen.
Der Oliver Naatz scheint ja sowas wie der alleinige Übersetzer zu
sein. Liege ich da richtig oder gibt's noch weitere Leute, die übersetzen?
Löffler: Also, Naatz ist so'n Thema. ich denke mal, wenn man
MAD-Übersetzer sein will, sein muss, dann braucht man eine ganz
bestimmte Charaktereigenschaft, und das ist völliger Irrsinn, also
komplett durchgeknallt zu sein, das muss man dann auf jeden Fall
mitbringen. Und das trifft auf den Naatz einfach zu. Wenn man den kennt,
wenn man mit dem redet, der Typ, der ist völlig durch den Wind.
Supernetter Kerl, wir haben viel Spaß mit ihm, aber das ist genau
der Typ Mensch, der durchgeknallt genug ist, MAD zu übersetzen. Wir
haben auch andere, es ist nicht so, dass er jetzt alles alleine macht.
Jetzt in den letzten Heften, der Löwenanteil, der ist schon von ihm.
Aber jetzt gerade was so Sachen angeht wie Duck Edwing oder was, das ist
dann zum Teil so, dass wir das selbst übersetzen. Wir sind alle in
der Redaktion auch nicht gerade unbewandert im Englischen, es sind viele
Anglisten dabei, und das kommt schon mal vor, dass wir das selber übersetzen,
und da wir da jetzt nicht unbedingt großartig Wert darauf legen,
hier uns jetzt irgendwelche Übersetzerehren einzufangen, steht das
aber auch nicht dabei. Also, man kann davon ausgehen, alles was nicht von
Naatz übersetzt ist, ist entweder von der Redaktion übersetzt
oder von einem "Ghostübersetzer".
Gerade bei den Büchern und bei den Sonderprodukten, da ist es ab und
zu mal so, dass da nicht der Naatz übersetzt sondern andere Leute,
aber man kann schon sagen, der "Chefübersetzer", wie du das
jetzt gerade genannt hast, ist schon der Naatz, doch, muss man sagen.
Redakteur Mathias Ulinski versteckt sich vor dem Computer und tut so, als ob er arbeitet. |
MM: Ich habe in meinen
Internet-Seiten immer drüber stehen, wer die Texte macht, ich habe
immer diese Trennung gemacht, wie es früher bei MAD war. Jetzt ist es
ja ein bisschen der Trend mehr zu dem Universellen, das Zeichner und
Texter die gleichen Leute sind, oder dass es ein Team ist von mehreren
Leuten, und damals war eben diese Trennung und da habe ich so angefangen
und jetzt wollte ich das so fortführen, und ich merke halt immer "Übersetzung:"
ist immer der Gleiche, deswegen wollte ich das nochmal genauer
wissen.[...]
Die Remittenden [unverkaufte Hefte] der alten MAD-Serie wurden ja nicht
weggeschmissen, sondern in Sammelbänden regelmäßig wieder
auf den Markt gebracht. Hebt ihr die nicht verkauften Hefte ebenfalls auf?
Löffler: Ja, das machen wir. Wobei es mit der Nummer eins ein
bisschen schwierig ist, die ist nun definitiv durch, da gibt es keine
mehr, die sind alle verkauft. Allerdings haben wir natürlich noch die
Druckunterlagen.
Es ist geplant, was ähnliches zu machen, wie das früher gemacht
wurde, aber wir wollen nicht einfach die Hefte zusammennageln und die dann
in Sonderbänden herausgeben, zumindest ist das jetzt noch nicht
geplant. Was in die Richtung geht ist momentan die Überlegung, was
heißt Überlegung, das ist im Prinzip schon ein Projekt, und das
wird auch konkretisiert noch, ich glaube in dem Jahr, wir werden so eine
Art Querstrich machen. Wir werden uns jeweils die Nummern aus einem
Jahrgang MAD, also 1 bis 12 in dem Fall, vornehmen, das Beste daraus, das
ist natürlich eine sehr subjektive Sache der MAD-Redaktion, aber wir
werden das Beste daraus 'rausnehmen und das zusammenfassen, also quasi "the
best of erster Jahrgang", das ist so die Idee. Also, nicht einfach
nur die Hefte zusammennageln.
MM: Welchen Umfang soll das ungefähr haben?
Löffler: Wir denken momentan so an einen Umfang zwischen 150
und 200 Seiten.
MM: Wird dann die Werbung 'rausgelassen, als Buch das dann
verkauft, oder...?
Löffler: Das wird dann schon ein ein bisschen ansprechenderes
Format sein. Ich vermute mal, dass wir da festeres Papier nehmen, damit
das da nicht relativ leicht zerfleddert. Was die Anzeigen angeht, also ich
vermute jetzt, zum jetzigen Zeitpunkt, dass vielleicht ein, zwei drin sein
werden, wenn, dann Eigenanzeigen, also MAD-intern. Ob da Fremdanzeigen
drin sind, das glaube ich jetzt zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich eher
nicht. Muss mal sehen.
MM: Man könnte dem neuen MAD vorwerfen, etwas zu Comic-mäßig
zu sein. Die alte Serie verstand sich in erster Linie als
Satirezeitschrift, die auch wesentlich mehr Textbeiträge enthielt.
Wie denkst du darüber?
Löffler: Also, den Vorwurf, den kann man sich für die
ersten Hefte sicher an die Backe nageln. Da war am Anfang das tendenziell
eher Comic-lastig. Wobei Comic geht in die falsche Richtung, Comic ist für
mich ein Heftchen wie Superhelden, oder sowas, also durchgehende Story, 50
Seiten. Wahrscheinlich meinst du, dass es mehr so in den funny-Character
geht, alse viele One-Pager, Funnies eben. Das kann man am Anfang, in den
ersten Heften tatsächlich feststellen, dass da so'n bisschen 'ne
Schlagseite in die Richtung ging. Das hat sich aber mittlerweile geändert.
Wir haben da viel diskutiert drüber, und gerade die Redaktion ist
sehr, sehr dran interessiert, mehr satirische Texte mit 'reinzubekommen
und auch textlastigere Beiträge. Mittlerweile haben wir uns da
durchgesetzt und das wird, das sieht man an den aktuellen Heften, ob das
die 20 ist mit Raab oder die 19 davor, das war diese Sex-Nummer, das wird
jetzt tendenziell wieder textlastiger. Das war uns ein Anliegen, und wir
konnten uns da durchsetzen mit der Idee und das wird sich in Zukunft eher
wieder ändern.
Auf dem Schreibtisch: Berge von unbenutzten Pointen. Unter dem Schreibtisch: Berge von gebrauchten Gags. |
MM: Wieviele Leserbriefe erreichen
die Redaktion durchschnittlich pro Monat?
Löffler: Was? Pro Monat? Oje! Das ist schon einiges, was wir
da an Aufkommen haben, das hat uns überrascht. Wir haben eigentlich
am Anfang gedacht, dass da nicht so wahnsinnig viel kommt, weil, man weiß
ja, die Leserbriefschreiber werden ja nicht so besonders nett behandelt,
obwohl wir eigentlich nach wie vor doch sehr, sehr freundlich sind. Das
find' ich schon, man kann das sehen wie man will, also, wir sind
eigentlich prinzipiell zunächst mal freundlich. Das kann man natürlich
anders interpretieren.
MM: Ich glaube, die wollen geschunden werden.
Löffler: Ja, möglicherweise. Ich denke, das ist auch
einfach MAD-Kultur, dass die Leserbriefschreiber schon wissen, was auf sie
zukommt, wenn sie Briefe an uns richten, dass sie da eine zwischen die Hörner
kriegen. Umgekehrt ist es ja genauso. Also, was wir uns zum Teil da anhören
müssen, das ist ja auch nicht gerade das Netteste. Aber das ist ja
egal, das ist ein sehr nettes Spiel zwischen Leserbriefschreiber und
Leserbriefbeantworter, und ich denke, das ist 'ne runde Sache, zumal wir
da ja niemandem auf den Schlips treten, der uns nicht selbst auch auf den
Schlips tritt. Das gehört einfach dazu, das ist MAD.
Wieviele sind das? Wir bekommen ja mittlerweile nicht nur Leserbriefe,
sondern, weil wir ja im elektronischen Zeitalter sind, auch E-Mails, aber
ich würde mal so behaupten, dass es pro Woche, wieviel werden das
sein...
Ulinski: Kann man schwer sagen, weil, das hängt auch von der
Nummer ab. Die Resonanz ist da immer ganz anders. Oder ob irgend 'ne
Aktion ist, ob irgend 'ne Frage gestellt wurde, oder mit den Raab-Kellen
zum Beispiel, dass da Kellen geschickt wurden, da hatten wir unheimliche
Resonanz. Und die Leute schreiben auch irgendwas dazu. Also da ist dann
immer ein Brief dabei, und damit sind's viele Leserbriefe, viel mehr als
in dem Heft vorher.
Löffler: Also rein quantitativ muss man sagen, sind das
sicher an die hundert pro Monat, mindestens. Wobei man dazu sagen muss, da
kommen natürlich auch Sachen dazu, wir haben ja sehr, sehr viele
Leseraktionen am Laufen, wir lassen Gedenktellervorschläge machen,
wir haben...
Ulinski: ...die "Schmidträtsel".
Löffler: ..."Schmidträtsel"-Geschichten, wo
die Leute interagieren können...
Ulinski: Oder "Headhunter", das sind alles so
Geschichten, wo die Leute eben mitmachen können.
MM: Gibt's da schon welche?
Ulinski: Beim "Headhunter" hat sich das noch in Grenzen
gehalten, da warten wir noch. Das ist natürlich auch nicht so
einfach, irgend einen Promi zu erwischen und ihm das MAD-Heft in die Hand
zu drücken.
Löffler: Das ist sehr schwierig. Also, wir bekommen schon
Resonanz, aber die ersten Versuche, die kannst du direkt in den Gully
kippen. Da war einer dabei, also, da hat's uns dann doch fast den Helm
gedreht. Der hat sich dann selber abgelichtet, hat sich hier so'n Hitlerbärtchen
hingemalt und stand da so mit dem MAD-Heft da, so nach dem Motto: "Der
Führer liest MAD". Da ging zunächst mal so ein Aufschrei
der Empörung durch die Redaktion. Auf der anderen Seite fanden wir
dann irgendwie: Naja, hätte auch Charlie Chaplin sein können.
Also, man weiß es nicht so genau. Aber das sind dann so Sachen, die
können wir natürlich nicht abbilden, das ist ganz klar.
Das ist auch nicht die Intention gewesen, wir wollten schon real
existierende Promis haben, aber ich hab' so jetzt gehört von
verschiedenen Stellen aus, dass was unterwegs ist, also, da kommen schon
noch Sachen. Da bin ich überzeugt. Und ich glaub' sogar, die erste
Sache kommt aus Amerika. Was ich so gehört hab'. Da ist ein
amerikanischer MAD-Fan, der auch das deutsche MAD liest, und der ist Feuer
und Flamme von der Aktion und versucht jetzt hier auch die amerikanischen
Geschichten da anzugehen.
[...]
20.000 Meilen unter dem Meeresspiegel: Das geheime, streng bewachte Archiv der DINO-Restbestände. |
MM: Ihr hattet kürzlich den
Umfang des Heftes aufgestockt. Hatte das einen speziellen Grund, war das
'ne einmalige Aktion oder sind auf Dauer mehr Seiten geplant?
Löffler: Das war sicher keine einmalige Aktion. Im Gegenteil,
wir werden das in Zukunft öfter machen. Der Hintergrund sind einfach
die Anzeigen. Weil die Redaktion auf dem Standpunkt steht, sollte aus
irgendwelchen Gründen noch 'ne Anzeige zusätzlich ins Heft
kommen, müssen wir das in prozentualem Verhältnis zu den
redaktionellen Anteilen sehen. Und wenn das aufgestockt wird, wenn eine
Anzeige mehr 'reinkommt, als wir uns jetzt eh schon aus den Rippen
schneiden lassen, muss da auch entsprechend Redaktionalkontext drauf. Und
das passiert dann halt immer. Da wird dann halt nicht um eine Seite
erweitert, sondern halt gleich um 6. Weil wir halt 'ne bestimmte Relation
zwischen Anzeigen und redaktionellen Beiträgen haben wollen.
MM: Man muss es ja auch, man muss ja auch immer um 4 Seiten
erweitern...
Löffler: Das ist dann auch einfach ein produktionstechnischer
Ablauf, aber wir sind natürlich sehr interessiert dran, wenn eh schon
der Heftumfang aufgeblasen wird, dass wir mehr Platz für Beiträge
haben.
MM: Was den Merchandising-Bereich angeht, hängt Deutschland
den Amerikanern ja noch weit hinterher. In den 80er Jahren gab es bereits
mal 'ne ganze Zeit lang deutsche MAD-T-Shirts, Baseballmützen und
sogar ein Alfred-Dartspiel. Wie lange müssen die deutschen Fans noch
auf neue MAD-Klamotten und Souvenirs warten?
Löffler: Das mit dem Merchandising, das ist ein kleines
Problem, weil da die Amerikaner sich immer ein bisschen uns in den Weg
stellen, sag' ich mal vorsichtig. Der Hintergrund ist einfach der: Die
wollen natürlich ihren Ramsch verkaufen, zunächst mal, und ein
deutscher Fan kann sich genausogut ein "Alfred - What Me Worry?"
hinkleben, wie "MAD - Na und?" Hauptsache, Alfred ist drauf. Weißt
du, das ist so die Denke.
Ich meine, wir sind schon dran, zu versuchen, jetzt speziell für den
deutschen Markt Merchandising-Artikel zu entwickeln und die dann auch hier
bei DINO speziell herzustellen. Aber da muss man sehr steinige Wege gehen,
ich weiß nicht, wie die das damals beim alten deutschen MAD
ausgedealt hatten mit den Amis. Wir sind noch nicht ganz so weit, dass wir
das selbstständig machen dürfen, aber da wird sich auch in nächster
Zeit, denke ich, das eine oder andere ergeben. Und dann wird's auch von
uns, von DINO-Seite aus, Merchandising-Artikel geben.
MM: Gut, dann vielen Dank.